28.01.2015

LG München I präzisiert Voraussetzungen einer Schadensersatzhaftung des Hostproviders

Das Landgericht (LG) München I hat mit Urteil vom 11.07.2014 (Az. 21 O 854/13) entschieden, dass ein Sharehoster als Gehilfe auf Schadensersatz haften kann. Dabei nimmt es Bezug auf eine von Rasch Rechtsanwälte erwirkte Entscheidung des OLG Hamburg, die erstmals eine Gehilfenhaftung des Hostproviders bejahte (Az. 5 W 41/13).

Hintergrund

Rechtsverletzungen auf Sharehostern (wie z.B. Uploaded oder Oboom) stellen alle Rechteinhaber, deren Inhalte online verfügbar sind, vor enorme Probleme. Bislang mussten sich Rechteinhaber damit begnügen, auf eigene Kosten spezialisierte Unternehmen mit der Recherche nach Rechtsverletzungen zu beauftragen, um diese anschließend im sog. „Notice-und-Takedown-Verfahren“ an die Sharehoster zu melden.

In der Praxis werden aber gelöschte Dateien – so auch in dem Fall am Landgericht München – binnen kurzer Zeit durch neue ersetzt. Für die neuen Links müssen dann jeweils neue Hinweise gesandt werden, Rechteinhaber laufen so den Rechtsverletzungen hinterher, während Sharehoster und Uploader von der andauernden Verfügbarkeit profitieren.

Ein Ende des „Whac-a-mole“?

Der Bundesgerichtshof hat diesem Katz-und-Maus-Spiel mit Urteil vom 15.8.2013 (Az. I ZR 80/12 – File-Hosting-Dienst) rechtlich ein Ende gesetzt. Seitdem sind Sharehoster nicht nur verpflichtet, beanstandete Dateien unverzüglich zu löschen, sondern müssen auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt („Notice-and-staydown“). Um dies sicherzustellen, ist dem Sharehoster eine umfassende regelmäßige Kontrolle der Linksammlungen zuzumuten. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, haftet er als sog. Störer auf Unterlassung. Freiwillig befolgen die Sharehoster die „neuen Regeln“ allerdings nicht, so dass weitere Gerichtsverfahren erforderlich sind, um die Einhaltung zu erzwingen. Dies geschieht letztlich durch Ordnungsmittel, die Gerichte bei Verstößen gegen ein Unterlassungsgebot verhängen können.

Neue Entwicklungen der Rechtsprechung

Die soeben beschriebene „Störerhaftung“ schützt Rechteinhaber zwar in gewissem Maße vor wiederholten Rechtsverletzungen auf Sharehostern. Schadensersatzansprüche können nach der Rechtsprechung des BGH aber nur gegenüber dem Täter oder einem Teilnehmer einer Rechtsverletzung geltend gemacht werden, nicht aber gegenüber dem Störer.

Rasch Rechtsanwälte haben im Mai 2013 vor dem Oberlandesgericht Hamburg (OLG) einen Beschluss erwirkt, der einen Hostprovider wegen hartnäckiger Verletzung seiner Pflicht zur Löschung von Dateien als Gehilfen des eigentlichen Täters ansah. Damit war der Weg frei für die Durchsetzung von Schadensersatzforderungen. In einem ebenfalls von Rasch Rechtsanwälte geführten Folgeprozess hat das Landgericht Hamburg (LG) dann auch festgestellt, dass der Hostprovider zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet ist (Urteil vom 25.08.2014, Az. 310 O 34/14). Das Landgericht Frankfurt am Main kam in seinem Urteil vom 05.02.2014 (Az. 2-06 O 319/13) zu demselben Ergebnis und bezog sich dabei auch auf die Entscheidung des OLG Hamburg. In beiden Fällen hatte/n der/die Sharhehoster die Dateien trotz eines konkreten Hinweises über längere Zeit (mehrere Tage bis Monate) nicht gelöscht.

Haftung nun auch für „unbeanstandete“ Dateien

Das LG München kommt in seiner vorliegenden Entscheidung ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Sharehoster als Gehilfe auch auf Schadensersatz haftet. Dabei geht es einen Schritt weiter als die Richter in Hamburg und Frankfurt, denn die Gehilfenhaftung und damit der Schadensersatzanspruch werden auch für solche Dateien bejaht, für die der Sharehoster keine Hinweise von Rechteinhabern erhalten hat. Es kann vielmehr genügen, dass die Links zu den neuen Dateien auf Linksammlungen veröffentlicht wurden, die bereits Gegenstand einer früheren Meldung des Rechteinhabers waren. In der Praxis ist diese Erweiterung von erheblichem Vorteil, denn es hat sich gezeigt, dass der größte Teil der Links auf einer überschaubaren Anzahl Linksammlungen veröffentlicht wird. Das LG München stellt nun klar, dass Schadensersatzansprüche auch dann in Betracht kommen, wenn Sharehoster ihre Pflicht verletzen, solche Linksammlungen umfassend und regelmäßig zu kontrollieren.

Schadensersatz auch dann, wenn der Sharehoster bekannte Linksammlungen nicht kontrolliert


Zur Höhe der Schadensersatzansprüche hat sich noch keines der Gerichte geäußert. In allen Fällen haben die Gerichte zunächst nur die grundsätzliche Pflicht des Sharehosters festgestellt, den Rechteinhabern alle Schäden zu ersetzen, die ihnen aus der andauernden Nutzung ihrer Inhalte entstehen. Die Höhe der Ansprüche ist abhängig vom Umfang der Rechtsverletzungen, zu dem der Sharehoster in einem ersten Schritt Auskunft erteilen muss.

Ausblick

Die Luft wird dünner für Sharehoster und andere Diensteanbieter, die Dritte bei Rechtsverletzungen unterstützen und davon wirtschaftlich profitieren. Das vorliegende Urteil und die anderen oben besprochenen Entscheidungen bieten Rechteinhabern neue Möglichkeiten, sich gegen die rechtswidrige Nutzung ihrer Inhalte zur Wehr zu setzen. War die Unterbindung der Rechtsverletzungen bislang häufig ein Zuschussgeschäft, kann man nun Sharehoster und vergleichbare Dienste auf Auskunft und Schadensersatz in Anspruch nehmen. Rasch Rechtsanwälte haben die bisherige Rechtsprechung maßgeblich mitgeprägt und stehen Ihnen und Ihrem Unternehmen gern beratend und vor Gericht zur Seite.

 

 

Von: Rechtsanwalt Mirko Brüß

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