30.03.2017

Rasch Rechtsanwälte gewinnen weiteres Verfahren vor dem BGH - "Loud"

Eltern haften für den Schaden durch illegales Filesharing, wenn sie den Täter kennen, sich aber schützend vor ihn stellen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute einem Major Label Kostenerstattungs- und Schadensersatzansprüche gegen zwei Münchener Internet-Anschlussinhaber zugesprochen.

Die Anschlussinhaber hatten sich vor Gericht damit verteidigt, zwar habe eines ihrer drei volljährigen Kinder die Rechtsverletzung begangen, sie seien aber nicht verpflichtet mitzuteilen, welches der Kinder Täter war. Der BGH hat jetzt klar gestellt, dass ein Anschlussinhaber eine prozessuale Obliegenheit hat, den Namen eines ihm bekannten Täters vor Gericht mitzuteilen, selbst wenn es sich um ein Familienmitglied handelt.

Der Vorsitzende des I. Zivilsenats Prof. Büscher machte heute in der rund 10-minütigen Urteilsbegründung deutlich, dass der Senat zwar keine Pflicht zu ausufernden Nachforschungen, etwa in Gestalt einer Beweissicherung gegenüber Familienmitgliedern sehe. Wenn der Anschlussinhaber jedoch – wie im jetzt entschiedenen Fall – zumutbare Nachforschungen unternommen habe, habe er auch eine prozessuale Obliegenheit, das Ergebnis mitzuteilen. Wenn er sich vor diesem Hintergrund entscheide, das Ergebnis nicht mitzuteilen, müsse er mit der Konsequenz leben, dass nach den Grundsätzen des Zivilprozesses das, was der verletzte Kläger vorträgt, als zugestanden gilt. "Wenn man das Ergebnis der allgemeinen Nachforschungen nicht mitteilt, ist das Bestreiten nicht erheblich, dann müssen die Beklagten auch die prozessualen Nachteile tragen“, sagte der Vorsitzende des  I. Zivilsenats Prof. Büscher heute in der mündlichen Urteilsbegründung.

In der heutigen Pressemitteilung des BGH heißt es dazu:

„Die Beklagten haben im Streitfall ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt, weil sie den Namen des Kindes nicht angegeben haben, das ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hat. Diese Angabe war den Beklagten auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Parteien zumutbar. Zugunsten der Klägerin sind das Recht auf geistiges Eigentum nach Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 GG sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta und auf Seiten der Beklagten der Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG zu berücksichtigen und in ein angemessenes Gleichgewicht zu bringen. Danach ist der Anschlussinhaber etwa nicht verpflichtet, die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren und dessen Computer auf die Existenz von Filesharing-Software zu untersuchen. Hat der Anschlussinhaber jedoch im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er dessen Namen offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will.“

„Es wäre falsch, das Urteil so zu deuten, dass Eltern ihre Kinder jetzt ans Messer liefern müssen“, sagte Kanzlei-Inhaber Clemens Rasch. „Es ist vielmehr so, dass die Anschlussinhaber weiterhin eine Wahl haben, ob sie den Täter nennen. Der BGH hat aber in erfreulicher Deutlichkeit klar gemacht, dass sie dann für den Schaden einstehen müssen, wenn sie sich dazu entschließen, den wahren Täter zu schützen. Das ist eine gute Nachricht für die verletzten Rechteinhaber, denn es zeigt, dass der I. Zivilsenat unsere Ansicht teilt, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist.“

Bereits vor dem Landgericht und in 2. Instanz vor dem Oberlandesgericht München hatte die Klägerin obsiegt. Das Oberlandesgericht München hatte festgehalten, das Landgericht sei zu Recht von der Täterschaft der Eltern ausgegangen. Denn die Eltern hätten die Anforderungen der so genannten sekundären Darlegungslast nicht erfüllt. Danach hätten sie mitteilen müssen, welche Kenntnisse sie über die Umstände der Verletzungshandlung gewonnen hätten, also welches ihrer Kinder die Tat begangen habe. 

Der Schutz von Ehe und Familie, der durch Artikel 6 des Grundgesetzes verbürgt wird, stehe dieser zivilprozessualen Obliegenheit nicht gegenüber. Vielmehr seien auch die entgegenstehenden Belange der Klägerin aus Artikel 14 des Grundgesetzes zu berücksichtigen. Aus diesen folge, dass sich die Beklagte dazu hätten erklären müssen, wie es zu den Rechtsverletzungen aus der Familie heraus gekommen sei – anderenfalls könnten Rechteinhaber bei Familienanschlüssen ihre Ansprüche regelmäßig nicht durchsetzen.

BGH, Urteil I ZR 19/16 vom 30.03.2017 – Loud

Das Verfahren 1. und 2. Instanz wurde geführt von RA Werner Jansen. Korrespondenzanwalt am BGH war RA Prof. Rohnke.

Link zur Pressemitteilung des BGH

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    Clemens Rasch
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