01.07.2015

Urheberrecht: Muss YouTube Verantwortung übernehmen?

Nach Hinweis auf Rechtsverletzung: YouTube treffen verschärfte Prüfpflichten. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg am 01. Juli 2015 zugunsten der GEMA und eines klagenden Künstlers entschieden (Az. 5 U 87/12, 5 U 175/10).

Die Frage der rechtlichen Bewertung des Dienstes der Google-Tochter YouTube ist nach wie vor hoch umstritten. Google verweist darauf, dass die Inhalte von den Nutzern von YouTube hochgeladen werden. Diese allein träfe daher die Verantwortung. YouTube sei lediglich als Hostprovider tätig. Geschädigte Rechteinhaber möchten sich nicht auf Klagen gegen eine Vielzahl von Verbrauchern verweisen lassen und sehen in YouTube den Anbieter der Inhalte.

Nachdem sich bereits am Vortag das Landgericht München mit dieser Fragestellung befasste, sind am 1. Juli 2015 zwei Entscheidungen des OLG Hamburg (Az. 5 U 87/12, 5 U 175/10) zu diesem Fragenkreis ergangen. In allen Fällen ging es um rechtsverletzende Angebote von Musikvideos auf YouTube. Beide Gerichte haben in YouTube nicht den Inhalteanbieter gesehen.

OLG Hamburg: YouTube entfernt sich vom Leitbild eines Hostproviders

Damit ist YouTube jedoch nicht aus dem Schneider. YouTube kann nämlich als Störer in Anspruch genommen werden. Die Prüfpflichten hat das OLG Hamburg sehr hoch angesetzt.

Der 5. Senat des Hanseatischen OLG hat sich diese Entscheidung vernehmbar schwer gemacht. Der Senat führte in der mündlichen Urteilsbegründung aus, dass sich YouTube deutlich von dem Leitbild eines Hostproviders (der von einer Haftung weitgehend befreit ist) entfernt habe. Dabei hat der Senat zunächst geprüft, ob YouTube eine eigene Nutzungshandlung nach § 19a UrhG vornimmt. Das Gericht hat dies verneint. Aus Sicht von Rasch Rechtsanwälte hätte man mit guten Gründen ein Zugänglichmachen durch YouTube bejahen können. Der User nimmt zwar den Upload vor, danach nimmt YouTube jedoch eine Vielzahl von Vervielfältigungen vor, durch die das Video auf Servern in der ganzen Welt verteilt, technisch bereitgestellt und zum Abruf angeboten wird.

Anschließend hat sich der Senat damit befasst, inwieweit sich YouTube die Inhalte zu Eigen gemacht hat. Er sieht zwar viele Indizien für ein Zueigenmachen der Inhalte durch Monetarisierung und Lizenzierung, kommt letztlich doch „im Rahmen einer umfassenden Güterabwägung“ zum Ergebnis, dass diese Indizien für ein Zueigenmachen nicht ausreichen. Es wurde mehrfach betont, dass der Senat die Täterschaft bzw. das Zueigenmachen ernsthaft erwogen hat.

YouTube trifft erheblicher Pflichtenumfang – Einsatz eines Wortfilters zumutbar


Große praktische Relevanz haben die Anforderungen, die der Senat an YouTube im Rahmen der Störerhaftung stellt. Die Ausführungen deckten sich in Vielem mit der Prüfung der Täterhaftung. Der Senat hat in diesem Zusammenhang wieder auf die Indizien hingewiesen, die er bereits bei der Prüfung der Täterhaftung angeführt hatte. Angesichts der vielfachen Urheberrechtsverletzungen müsse sich YouTube „angemessen und wirksam verhalten“. Eine proaktive Prüfungspflicht bestehe nicht, aber nach Kenntnis der Urheberrechtsverletzung bestünde ein erheblicher Pflichtenumfang. Die Bemessungskriterien für den Prüfungsumfang hat der Senat nur abstrakt formuliert und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er keinen abschließenden Maßnahmenkatalog formulieren werde. Die Erfüllung der Prüfpflichten liege in der Eigenverantwortung von YouTube. YouTube dürfe die Rechteinhaber nicht auf die Anmeldung beim Content-ID-Verfahren verweisen, sonders müsse dieses ggf. derart umstrukturieren, dass es von YouTube selbst für die Erfüllung der eigenen Verpflichtungen genutzt werden könne. Dies allein reiche nicht aus. So sei ergänzend der Einsatz eines Wortfilters durchaus zumutbar. Letztlich müsse die Frage des Umfangs der zumutbaren Maßnahmen im Vollstreckungsverfahren im Einzelfall geklärt werden.

Interessant ist weiterhin, dass ein Auskunftsanspruch gegen YouTube zuerkannt wurde, der sich auf Namen, Anschrift und ggf. ergänzend auf die E-Mail-Adresse des Uploaders erstreckt

Von: Rechtsanwalt Clemens Rasch

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