14.05.2013

Metall auf Metall II: BGH erklärt Tonträger-Sampling für unzulässig

Das Sampling einer Rhythmussequenz greift in das Tonträgerherstellerrecht ein, sofern ein durchschnittlicher Musikproduzent eine gleichwertige Tonaufnahme hätte selbst herstellen können. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 13.12.2012 (Az.: I ZR 182/11) entschieden.

Die Musikgruppe „Kraftwerk“ hat kürzlich wegen des Sampling einer Sequenz aus ihrem Titel „Metall auf Metall“ einen Rechtsstreit gegen Musikproduzenten vor dem BGH (Az.: I ZR 182/11) gewonnen.

Damit endete ein insgesamt 13-jähriger Rechtsstreit, der bereits 1999 vor dem Landgericht Hamburg begonnen hatte. Im einzelnen hatten die Kläger (Mitglieder der Musikgruppe „Kraftwerk“) behauptet, die Beklagten (Musikproduzenten) hätten eine etwa zwei Sekunden lange Rhythmussequenz aus dem von den Klägern im Jahr 1977 veröffentlichten Titel "Metall auf Metall" elektronisch kopiert ("gesampelt") und 20 Jahre später dem auf Tonträgern der Sängerin Sabrina Setlur enthaltenen Titel "Nur mir" in fortlaufender Wiederholung unterlegt, obwohl es ihnen möglich gewesen wäre, die übernommene Rhythmussequenz selbst einzuspielen. Sie meinten, die Beklagten hätten damit ihre Rechte als Tonträgerhersteller verletzt.

BGH sieht Tonträgerherstellerrecht der Kläger verletzt


Unter Fortführung seiner Rechtsprechung aus dem Urteil vom 20. November 2008 (I ZR 112/06 – Metall auf Metall I) hat der BGH die Revision der Beklagten zurückgewiesen und die den Klägern zustehenden Ansprüche auf Unterlassung und Feststellung der Schadensersatzpflicht (§ 97 Abs. 1 UrhG aF), auf Auskunftserteilung (§ 242 BGB) und Herausgabe der Tonträger zum Zwecke der Vernichtung (§ 98 UrhG aF) bestätigt.

Der BGH bejahte einen Eingriff der Beklagten in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger aus § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG wegen der Übernahme von lediglich zwei Takten einer Rhythmussequenz. Indem die Beklagten die fremde Tonaufnahme bei der Herstellung des eigenen Tonträgers verwendeten und anschließend in Verkehr brachten, hätten sie in das ausschließliche Recht der Kläger eingegriffen, den von ihnen hergestellten Tonträger zu vervielfältigen und zu verbreiten (vgl. bereits BGH, GRUR 2009, 403 Rn. 8 bis 18 - Metall auf Metall I).

Keine entsprechende Anwendung des Rechts zur freien Benutzung


Weiterhin bestätigte der BGH, dass die Beklagten sich nicht auf das Recht zur freien Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG berufen könnten. Zwar könne diese Vorschrift im Falle der Benutzung eines fremden Tonträgers - nach ihrem Wortlaut wird die Benutzung des Werkes eines anderen vorausgesetzt - grundsätzlich entsprechend angewandt werden, scheide aber dann aus, wenn es möglich ist, die auf dem Tonträger aufgezeichnete Tonfolge selbst einzuspielen (vgl. BGH GRUR 2009, 403 Rn. 20 ff. - Metall auf Metall I). Der BGH stellt dabei auf den Sinn und Zweck von § 24 Abs. 1 UrhG ab, eine Fortentwicklung des Kulturschaffens zu ermöglichen. Diese könne der Tonträgerhersteller nur dann behindern, wenn eine Reproduktion der Tonaufnahme aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sei. Bei einer möglichen Reproduktion sei eine Beeinträchtigung der kulturellen Fortentwicklung grundsätzlich ausgeschlossen und eine Einschränkung des Tonträgerherstellerrechts durch das Recht zur freien Benutzung nicht gerechtfertigt.

Ob eine Ungleichbehandlung mit Laufbildern, bei denen eine entsprechende Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG dann möglich ist, wenn das neue Werk zu dem aus der Vorlage Entlehnten einen so großen Abstand hält, dass es als selbständig anzusehen ist (vgl. BGH GRUR 2000, 703, 704 - Mattscheibe; GRUR 2008, 693 - TV-Total) vorliegt, hat der BGH in seiner Urteilsbegründung unter dem Hinweis darauf, dass es sich dabei um andere Fallgestaltungen handele, offen gelassen.

Sampling auch nicht durch die Kunstfreiheit geschützt


Der BGH sah für die Beklagten auch keine Möglichkeit, ein Recht aus der durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Kunstfreiheit abzuleiten, um die Tonaufnahme ohne Einwilligung des Tonträgerherstellers zu nutzen. Zwar spräche zugunsten der Beklagten, dass Samples in der Musikbranche mittlerweile weit verbreitet seien und sich zu einer eigenen Stilrichtung entwickelt hätten, allerdings könnten sich Musikproduzenten nicht die durch § 85 Abs. 1 UrhG geschützte wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung der Tonträgerhersteller ohne deren Einwilligung und damit ohne Vergütung zu Eigen machen, wenn es ihnen selbst möglich ist, die begehrte Tonfolge ohne Rechtseingriffe herzustellen.

BGH legt Kriterien für die Möglichkeit der Nachbildung einer Tonfolge fest


Zur Beurteilung der Frage ob es möglich ist, eine Tonfolge selbst einzuspielen, sei darauf abzustellen, ob es einem durchschnittlich ausgestatteten und befähigten Musikproduzenten zum Zeitpunkt der Benutzung der fremden Tonaufnahme möglich ist, eine eigene Tonaufnahme herzustellen, die dem Original bei einer Verwendung im selben musikalischen Zusammenhang aus Sicht des angesprochenen Verkehrs gleichwertig ist. Auf die Zumutbarkeit der Herstellung käme es grundsätzlich nicht an. Nach diesen Maßstäben seien die Beklagten in der Lage gewesen, die aus "Metall auf Metall" entnommene Sequenz selbst einzuspielen.

Von: Dr. Marc Fritzsche

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