01.03.2012

BVerfG: Verbot einer Wortberichterstattung verletzt Meinungsfreiheit

Das Verbot einer Wortberichterstattung über die Randale von jungen Prominenten hat das Grundrecht auf Meinungsfreiheit verletzt und ist somit verfassungswidrig nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 25.01.2012 (Az.: 1 BvR 2499/09, 1 BvR 2503/09).

Dem Tochterunternehmen eines Verlags- und Dienstleistungsunternehmens durfte nicht verboten werden über die Randale von jungen Prominenten zu berichten, mit der Begründung das Allgemeine Persönlichkeitsrecht sei gegenüber der Meinungsfreiheit grundsätzlich vorrangig, sobald es um die schutzbedürftigen Interessen von jungen Erwachsenen oder Jugendlichen ginge. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 25.01.2012 (Az.: 1 BvR 2499/09, 1 BvR 2503/09) klargestellt. Denn diese Regelvermutung übergehe eine erforderliche Abwägung des Einzelfalles. Zu wenig sei das „Öffentlichkeitsimage“ der Prominenten als „Junge Wilde“ berücksichtigt worden. Bei Tatsachenberichten müsse ein Betroffener zudem wahre Aussagen hinnehmen, auch wenn sie zu seinem Nachteil seien.

In dem aktuellen Verfahren vor dem BVerfG hat die Beschwerdeführerin, ein Tochterunternehmen eines in Dresden ansässigen Verlegerin einer Tageszeitung, gegen die vorinstanzlichen Entscheidungen  Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die Beschwerdegegner sind Schauspieler und Sänger. Bekannt sind sie durch verschiedene Jugendfilme geworden und erfreuen sich großer Beliebtheit, insbesondere unter Jugendlichen. Beide hatten sich in Interviews zu ihren Plänen, Lebensansichten und zu ihrer Einstellung zu den Medien sowie der Öffentlichkeit geäußert. Im Jahr 2008 sind die Beschwerdegegner mit Freunden in der Innenstadt von München unterwegs gewesen. Die Gruppe ist dabei beobachtet worden, wie sie „Fahrräder traktierte, Blumen aus einem Blumenbeet herausriss sowie den Telefonhörer in einer Telefonzelle abriss“. Über diesen Vorfall hatte die Beschwerdeführerin einen Bericht in ihrem Internetangebot verbreitet. Der streitgegenständliche Beitrag ist insgesamt 2.014 Mal aufgerufen worden. Auch andere Print- und elektronische Medien hatten über den Vorfall berichtet.

Gegen das Tochterunternehmen hatte das Landgericht Hamburg im Jahr 2009  einen Unterlassungsanspruch bejaht, weil das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der jungen Prominenten verletzt worden sei. Das Hanseatische Oberlandesgericht wies sodann die Berufung der Beschwerdeführerin zurück.

Entgegen der vorinstanzlichen Entscheidungen hat das BVerfG nun klargestellt, dass eine „Regelvermutung des grundsätzlichen Vorranges des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegenüber der Meinungsfreiheit, sobald schutzbedürftige Interessen von jungen Erwachsenen beziehungsweise Jugendlichen in Rede stünden, aus verfassungsrechtlicher Sicht zu eng und undifferenziert“ sei. Nach Ansicht des BVerfG hätten die Fachgerichte „die Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit verkannt“. Sie hätten sich nicht hinreichend mit den besonderen Umständen zur Reichweite des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Prominenten auseinandergesetzt. Im Rahmen der gebotenen Abwägung sei dem Persönlichkeitsrechts der Prominenten dadurch ein Vorrang eingeräumt worden, so das BVerfG.

In jedem Einzelfall müsse vielmehr beachtet werden, dass bei einer Berichterstattung über Strafverfahren die Schwere der in Frage stehenden Straftat nicht nur für das öffentliche Informationsinteresse an Bedeutung erlangen könne. Sondern auch bei der Gewichtung der entgegenstehenden Persönlichkeitsbelange. In diesem Fall sei eine durch die Vorinstanzen zutreffend vorgenommene Einordnung des Verhaltens der Prominenten als Bagatelldelikte zugleich geeignet, die Bedeutung der Persönlichkeitsbeeinträchtigung zu mindern. Diese fehlende Abwägung begründe einen verfassungsrechtlichen Fehler. Das BVerfG hat daher die vorinstanzlichen Entscheidungen aufgehoben und sie zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Ihr Presserechts-Team bei Rasch Rechtsanwälte.

Von: Sabrina Brameshuber, LL.B.

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