06.02.2015

BGH: Promi-Friseur muss als Aufmacher für ein Ermittlungsverfahren gegen einen Mitarbeiter herhalten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 13.01.2015 entschieden, dass ein Star-Coiffeur die Nennung seines Namens in einem Artikel dulden muss, der sich mit einer vermeintlichen Straftat eines Mitarbeiters beschäftigt (Az. VI ZR 386/13). Die vorzunehmende Abwägung der Persönlichkeitsrechte des Klägers mit der Meinungs- und Medienfreiheit der Presse falle zu seinen Lasten aus.

Im März 2012 berichtete die BILD-Zeitung unter der Überschrift "Filialleiter von U.W. [voller Name des Klägers] mit ´Hells Angels`verhaftet" über einen Mitarbeiter, der dem Versuch einer Straftat verdächtig war. In dem Artikel, der auch online abgerufen werden konnte, hieß es unter anderem:

"Als Filialleiter bei Promi-Friseur U.W. [voller Name des Klägers] (67) frisiert Benjamin S. (26) die Reichen und Schönen. Jetzt verhaftete das SEK den Kudamm-Geschäftsführer, einen Freund (29) und zwei "Hells Angels"- Rocker (25,29)! Der Vorwurf: versuchte schwere räuberische Erpressung.

Was hat der Figaro bloß mit den Rockern zu tun?[...]

Dem Filialleiter tut jetzt alles leid. Über seinen Chef sagt er:´Ich bin im Kreuzberger Kiez groß geworden. U. [Vorname des Klägers] weiß, dass ich eine schwierige Vergangenheit habe. Er hat mir trotzdem eine Chance gegeben."

Während das Kammergericht Berlin die identifizierende Berichterstattung noch wegen einer von ihr ausgehenden unzulässigen Prangerwirkung für den Kläger untersagte, muss der Star-Coiffeur die Namensnennung nach dem diese Woche veröffentlichten Urteil des BGH nunmehr hinnehmen: Die Berichterstattung stelle zwar einen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, dieser sei indes nicht rechtswidrig.

Im Einzelnen:

Namensnennung verletzt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Der BGH stellt in seiner Entscheidung fest, dass das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen sei: jeder habe die Befugnis, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden.

Darüber hinaus sei die Geschäftsehre des Klägers tangiert. Der Umstand, dass einer seiner Mitarbeiter einer schweren Straftat verdächtig werde, sei für das Ansehen und den geschäftlichen Erfolg des Klägers abträglich. Kunden - so der Senat wörtlich - könnten sich veranlasst sehen, auf einen Besuch in einem Geschäft des Klägers zu verzichten, weil sie mit vermeintlichen Straftätern und den "Hells Angels" nichts zu tun haben wollen.

Wahre Tatsachenbehauptungen müssen grundsätzlich hingenommen werden


Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht sei jedoch nicht rechtswidrig. Die insofern vorzunehmende Abwägung mit den widerstreitenden Interessen der Presse falle zu Gunsten der Meinungs- und Medienfreiheit aus. Entscheidend sei insofern, dass die in Rede stehenden Tatsachen wahr sind. Benjamin S. ist Mitarbeiter des Klägers und zusammen mit zwei Mitgliedern der "Hells Angels" einer Straftat verdächtig. Der Kläger müsse die Äußerungen daher hinnehmen, auch wenn sie für ihn nachteilig sein könnten. Eine soziale Ausgrenzung, Stigmatisierung oder Prangerwirkung drohe ihm nicht, da der Artikel keinerlei gegen ihn gerichtete Vorwürfe enthalte. Die Folgen der Berichterstattung würden zwar die Geschäftsehre des Klägers tangieren, gingen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts indes nicht über eine bloße Unannehmlichkeit hinaus. Eine wirtschaftliche Beeinträchtigung habe der Kläger nicht vorgetragen.

Presse entscheidet selbstbestimmt, was im öffentlichen Interesse liegt

Dass die BILD-Zeitung über die Festnahme und deren Hintergründe hätten berichten können, auch ohne den Namen des Klägers zu nennen, ändere am Ergebnis der Abwägung nichts. Die Medien könnten "nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden, was sie des öffentlichen Interesses - auch unter dem Gesichtspunkt des ´Aufmachers´ - wert halten und was nicht." Im Übrigen bestünde  vor dem Hintergrund, dass der Kläger seinen Mitarbeiter trotz seiner schwierigen Vergangenheit beschäftigt, auch ein objektives Interesse an einer identifizierenden Berichterstattung.

Von: Rechtsanwältin Katharina Voigtland, LL.M.

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