25.01.2013

OLG Köln: zur Wettbewerbswidrigkeit von Gewinnspielkopplungen

Ist eine Werbung von Haribo mit einem an das Umsatzgeschäft gebundenen Gewinnspiel unlauter? Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat diese Frage bejaht, wenn die Werbung in übertriebener Weise Jugendliche und Kinder anlockt und sie zu irrationalen Kaufentscheidungen anregt (Urteil vom 21.09.2012, Az.: 6 U 53/12).

Die Koppelung von Gewinnspielen an Warenumsatz kann wettbewerbswidrig sein. Vorausgesetzt ein Gewinnspielangebot ist dazu geeignet, die angesprochenen Verbraucher in übertriebener Weise so anzulocken, dass die Rationalität von deren Kaufentscheidung völlig in den Hintergrund tritt. Dies hat das OLG Köln mit einem Urteil vom 21.09.2012 (Az.: 6 U 53/12 - Fruchtgummi-Glückswochen) entschieden.

Das Gericht hatte anhand eines Fernsehspots für Haribo-Produkte zu entscheiden, ob ein Verstoß gegen das Verbot der Koppelung von Gewinnspielen mit Umsatzgeschäften (§§ 3 Abs. 2, 4 Nr. 6 UWG) vorliegt. In dem Fernsehspot bewarb unter anderem ein bekannter Fernsehmoderator den Kauf von Fruchtgummi mit der Chance, bei Einsendung der Einkaufsbelege von fünf Packungen einen von 100 „Goldbärenbarren“ im Wert von 5.000,00 € zu gewinnen.

Das OLG Köln hatte dabei zu beachten, dass Koppelungsgeschäfte seit 2010 nicht mehr als per se unzulässig angesehen werden können. Denn mit Urteil vom 05.10.2010 hatte der Bundesgerichtshof (BGH, Az.: I ZR 4/06 – Millionen-Chance II) die jahrzehntelange grundsätzliche Geltung des Koppelungsverbots unter Berücksichtigung zweier Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Az.: C 304/08 – Plus Warenhandelsgesellschaft und C 540/08 – Mediaprint) aufgehoben. Koppelungsangebote sind danach nur dann unzulässig, wenn sie gegen ein Per-Se-Verbot der betreffenden EU-Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken verstoßen, eine aggressive oder irreführende Geschäftspraxis im Sinne der Richtlinie darstellen, oder den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt widersprechen.

Ob letzteres Kriterium gegeben war, hatte das OLG Köln zu beurteilen. Der BGH hatte die Frage, ob es einen Verstoß gegen die berufliche Sorgfalt darstellt, wenn von dem Gewinnspielangebot eine so starke Anlockwirkung ausgeht, dass die Rationalität der Nachfrageentscheidung des Verbrauchers vollständig in den Hintergrund tritt, in seiner Entscheidung aus 2010 ausdrücklich offen gelassen.

Das OLG Köln hat diese Frage nunmehr bejaht. Zwar seien Gewinnspielkoppelungen auch gegenüber Kindern und Jugendlichen nicht generell unlauter, vielmehr sei eine Einzelfallbetrachtung angezeigt. Das Gericht hielt dabei im konkreten Fall jedoch einen Verstoß gegen die fachliche Sorgfalt für gegeben. Durch die Werbung für Haribo-Produkte würden auch Kinder und Jugendliche bestimmungsgemäß angesprochen. Auf diese hätten dabei die Höhe des ausgelobten Gewinns und die Art und Weise der Darstellung der Gewinnchancen in der Haribo-Werbung eine übertriebene Anlockwirkung, so dass die Rationalität der Kaufentscheidung völlig in den Hintergrund trete.

Konkret bemängelte das OLG Köln, die Werbung suggeriere Kindern und Jugendlichen, dass mit einem mengenmäßig erhöhten Wareneinkauf (dargestellt durch ein Vollladen des Einkaufswagens mit mehr als nur fünf Haribo-Produkten) und Einsendung von mehr Einkaufsbelegen auch eine Erhöhung der Chancen auf Gewinn eines „Goldbärenbarren“ einhergehe. Diese Erhöhung der Gewinnchancen allerdings sei, so das Gericht, unzutreffend dargestellt. Da sich der Werbespot an eine Vielzahl von Adressaten richte, sei zu berücksichtigen, dass auch andere Adressaten ihren Einkauf erhöhen und dementsprechend mehr Einkaufsbelege einsenden könnten. In dem Fall sänken die Gewinnchancen des Einzelnen sogar, jedenfalls erhöhten sie sich – entgegen der Werbeaussage – nicht ohne weiteres.

Da Haribo gegen die Entscheidung beim BGH Revision eingelegt hat (Az.: I ZR 192/12), wird dieser sich nun im wesentlichen mit zwei Fragestellungen auseinanderzusetzen haben: 1. Liegt ein Verstoß gegen die fachliche Sorgfalt vor, wenn die Werbung dazu geeignet ist, die angesprochenen Verbraucher in übertriebener Weise so anzulocken, dass die Rationalität von deren Kaufentscheidung völlig in den Hintergrund tritt? und 2. Kommt der Haribo-Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen eine solche übertriebene Anlockwirkung zu?

Von: Dr. Jutta Hazay

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