07.08.2013

OLG Karlsruhe: Kooperation zur Medikamentenversorgung gesundheitsrechtlich und wettbewerbsrechtlich unzulässig

Apotheker dürfen keine Kooperationen eingehen, um Patienten mit Nachsorgemedikamenten durch Dritte beliefern zu lassen, wenn hierdurch Einfluss auf die Wahlfreiheit der Patienten genommen werden kann. Tun sie es dennoch, verstoßen sie gegen das Abspracheverbot des Apothekengesetzes und gegen Wettbewerbsrecht. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe am 14.06.2013 (Az.: 4 U 254/13) entschieden.

Ein Apotheker, der eine Kooperation zur Versorgung von Patienten eines Krankenhauses mit Nachsorgemedikamenten mit einer unter anderem zu diesem Zweck gegründeten GmbH eingeht, verstößt gegen das Abspracheverbot des Apothekengesetzes und damit gegen Wettbewerbsrecht (OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.06.2013, Az.: 4 U 254/12).

Eine GmbH, die zum Zweck der Nachsorge von Patienten nach einem Krankenhausaufenthalt gegründet wurde, lieferte Medikamente an die Patienten einer Universitätsklinik. Die Medikamente wurden von Apothekern bereit gestellt, die mit der GmbH eine Kooperation eingegangen waren. Dagegen wandte sich ein Konkurrent und machte gegenüber einem der beteiligten Apotheker gerichtlich geltend, ihm stünden sowohl ein Unterlassungs- als auch ein Auskunfts- und ein Schadensersatzanspruch zu.

Die Kooperation verstoße gegen das Abspracheverbot des § 11 Abs. 1 des Gesetzes über das Apothekenwesen (Apothekengesetz, ApoG). Denn dieses verbietet Absprachen von Apothekern mit Ärzten und vergleichbaren Personen über die bevorzugte Lieferung von bestimmten Arzneimitteln, die Zuführung von Patienten oder die Zuweisung von Verschreibungen. Der an der Kooperation beteiligte Apotheker handele deshalb unlauter im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Unabhängige Vermittlung statt verbotener Kooperation

Das Landgericht (LG) Freiburg (Urteil vom 31.10.2012, Az.: 1 O 139/12) teilte diese Meinung nicht. Rasch Rechtsanwälte berichteten am 21.12.2012 zu diesem Thema mit dem Titel „LG Freiburg: zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit von Kooperationen mit Apothekern zur Medikamentenversorgung“. Das LG Freiburg vertrat die Auffassung, dass die getroffene Vereinbarung zwischen Apotheker und GmbH nicht in den Anwendungsbereich von § 11 Abs. 1 ApoG falle, da die GmbH als unabhängiger Vermittler zwischen Ärzte und Apotheker trete, so dass deren jeweilige Unabhängigkeit und die Wahlfreiheit des Patienten gewährleistet bleibe.

Vermittelndes Unternehmen fällt unter Kooperationsverbot

Das OLG Karlsruhe hob dieses Urteil jedoch weitgehend auf. Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 ApoG sei nach Ansicht der Richter weit auszulegen. Nur so könne eine sachgerechte und eigenverantwortliche Ausübung der dem Apotheker zugewiesenen Kontrollfunktion gewährleistet werden. Die GmbH befasse sich mit der Behandlung von Krankheiten und gehöre damit zum Kreis derjenigen Personen, die nicht in der beschriebenen Weise mit Apothekern kooperieren dürften.

Es komme nicht darauf an, ob die GmbH selbst Angehörige der Heilberufe beschäftige oder nicht, sondern lediglich darauf, dass die GmbH ihrem Zweck nach in die Behandlung von Krankheiten eingeschaltet sei. Auch eine Übergabe der Rezepte an die GmbH durch die Patienten selbst oder mit deren Einverständnis sowie die Möglichkeit der Auswahl einer Apotheke durch den Patienten sei nicht relevant. Entscheidend sei, dass das Organisationsmodell der GmbH entgegen dem Regelungszweck von § 11 ApoG darauf ausgelegt sei, Einfluss auf die Auswahl der Apotheke durch den Patienten zu nehmen. Deswegen liege in der angegriffenen Kooperation ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 ApoG.

Verstoß gegen Abspracheverbot ist Wettbewerbsverstoß

Darin liege nach Ansicht des OLG Karlsruhe zudem ein Wettbewerbsverstoß des beteiligten Apothekers. § 11 ApoG sei eine sogenannte Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Abs. 11 UWG, denn sie schütze das Vertrauen der Verbraucher in die Unabhängigkeit der Tätigkeit des Apothekers und regele  dessen Marktverhalten. Wer dagegen verstoße, handele deswegen unlauter im Sinne des UWG. Damit stehen dem Wettbewerber gegen den an der Kooperation beteiligten Apotheker ein Unterlassungsanspruch, ein Auskunfts- und ein Schadensersatzanspruch zu.

Das LG Hamburg hatte zuvor in einem ähnlichen Fall (Urteil vom 10.02.2004 – Az.: 312 O 18/04) entschieden, dass eine Kooperation von Ärzten mit einem Arzneimittellieferdienst gegen § 11 Abs. 1 ApoG verstößt. Wie das OLG Karlsruhe sahen die Richter den Verstoß gegen das Abspracheverbot des ApoG als Wettbewerbsverstoß an.

Von: Christian Braune

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