16.08.2013

OLG Hamburg: Bezeichnung „Testsieger“ der Stiftung Warentest nur bei alleiniger Bestbewertung erlaubt

Bewirbt ein Händler sein Produkt – hier ein Blutzuckermessgerät – mit der Angabe „Testsieger“ bei Stiftung Warentest oder behauptet er, das Produkt habe den „ersten Platz belegt“, so ist diese Werbung irreführend, wenn er sich die Bestwertung im Test mit einem oder mehreren Wettbewerbern teilt. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg am 27.06.2013 (Az.: 3 U 142/12) entschieden.

Das OLG Hamburg hat am 27.06.2013 (Az.: 3 U 142/12) eine Vertriebsgesellschaft von Blutzuckermessgeräten zur Unterlassung nach §§ 3,4  Nr. 11, 5, 8 UWG iVm § 3 HWG verurteilt, weil die von ihr getätigten Werbeaussagen irreführend waren. Das Gericht hat damit die zunächst im Verfahren der einstweiligen Verfügung getroffene Regelung des Landgerichts (LG) Hamburg bestätigt.

Stiftung Warentest kürt drei „Testsieger“

Im Juli 2012 hatte die Stiftung Warentest in der Zeitschrift „test“ die Ergebnisse einer Überprüfung von 16 Blutzuckermessgeräten veröffentlicht. Dabei haben das Blutzuckermessgerät A. der Antragsgegnerin, das Blutzuckermessgerät O. der Antragstellerin – ebenfalls eine Vertriebsgesellschaft für Blutzuckermessgeräte – und ein weiteres Blutzuckermessgerät am besten abgeschnitten, und zwar jeweils mit der Gesamtnote 1,7 (Testurteil „gut“).  Alle drei Geräte wurden dann unter Hinweis auf das gleiche Qualitätsurteil und die gleiche Note  in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. An erster Stelle stand dabei – insofern zufällig – das Gerät der Antragsgegnerin. Diese hatte daraufhin in Werbe- und Pressemitteilungen mit dem Logo der Stiftung Warentest und den Werbeaussagen geworben, ihr Produkt sei „Testsieger“ bzw. es habe „den ersten Platz“ erreicht.

LG Hamburg bestätigt einstweilige Verfügung  auch im Widerspruchsverfahren


Die Antragstellerin hatte die Antragsgegnerin ebenfalls im Juli 2012 abgemahnt und diese aufgefordert, es zu unterlassen, ihr Blutzuckermessgerät in der oben bezeichneten Form zu bewerben. Die Antragsgegnerin wies die Abmahnung zurück. Die Antragstellerin hat ihr Unterlassungsbegehren sodann im Eilverfahren vor dem LG Hamburg geltend gemacht, welches die beantragte einstweilige Verfügung zunächst erlassen und dann auch im Widerspruchsverfahren bestätigt hat. Nach Ansicht des Gerichts war die Werbung der Antragstellerin irreführend. Der Verkehr ginge irrtümlich davon aus, dass das Testsieger-Logo von der Stiftung Warentest vergeben worden und das beworbene Produkt damit alleiniger Testsieger sei. Bei weiteren erstplatzierten Produkten hätte allerdings ein Hinweis erfolgen müssen, da insofern eine Alleinstellung des Produktes nicht vorgelegen habe.
 
Hiergegen wendete sich die Antragsgegnerin mit der Berufung. Nach ihrer Ansicht sei die Werbung rechtmäßig, weil gerade keine Verpflichtung bestünde, auf ebenso gut abgeschnittene Konkurrenzangebote hinzuweisen. Ein Hinweis sei nur erforderlich, wenn andere Geräte besser als das beworbene bewertet worden seien. Dies folge auch aus der Entscheidung „Schachcomputerkatalog“ des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 13.02.2003 (Az.: I ZR 41/00). Die Antragstellerin tritt dem entgegen –  der Sachverhalt sei nicht mit dem der BGH-Entscheidung vergleichbar, da es dort tatsächlich einen alleinigen Sieger unter den Schachcomputern gäbe, der als solcher auch gekürt worden sei.

Werbung mit „Testsieger“ nur bei Alleinstellung – BGH „Schachcomputerkatalog“ nicht anwendbar


Der Argumentation des LG Hamburg und der Antragsgegnerin folgt das OLG Hamburg. Nach dem maßgeblichen Verkehrsverständnis erwarte man bei der Bezeichnung „Testsieger“, dass das so getestete Produkt als alleiniges bestes abgeschnitten habe, wenn der Hinweis auf weitere gleich gut getestete Produkte unterbleibt. Der geteilte Sieg sei eine Ausnahme, auf die besonders hinzuweisen sei.

Dem stünde auch nicht die „Schachcomputerkatalog“-Entscheidung des BGH entgegen. Demnach dürfen Wettbewerber ihre Produkte mit einer von Dritten verliehenen Auszeichnungen schmücken, die keinen Hinweis auf das Verhältnis zu anderen und gleich gut getesteten Konkurrenzprodukten enthalten, vorausgesetzt die Auszeichnung wird unverändert weiter verwendet. Dies war bei der BGH-Entscheidung der Fall, der Schachcomputer „MChess Pro 5.0“ wurde von der ICCA (International Chess Computer Association) zum „Weltmeister“ gekürt. Genau dies war im vorliegenden Fall aber nicht geschehen. Die Stiftung Warentest hat das von der Antragsgegnerin vertriebene Produkt weder als alleinigen „Testsieger“ noch als das „das Beste“ bezeichnet, sondern gleichrangig mit der Bestnote bewertete Produkte aufgeführt. Die Werbeaussage der Antragsgegnerin sei daher eine nicht gerechtfertigte Alleinstellungsbehauptung.

Von: Rechtsanwalt Alexander Kunath

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