LG Köln: Inhaber eines Internetanschlusses haftet nach den Grundsätzen der Haushaltsvorstandshaftung auf Schadensersatz
Der Inhaber eines Internetanschlusses kann für die Rechtsverletzung seiner minderjährigen Stieftochter nach den Grundsätzen der Haushaltsvorstandshaftung verantwortlich sein, nach einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Köln vom 24.01.2013 (Az. 14 O 313/12).
Der Inhaber eines Internetanschlusses ist wegen einer Rechtsverletzung seiner zum Tatzeitpunkt minderjährigen Stieftochter zur Zahlung von Lizenzschadensersatz und Ersatz der Rechtsanwaltskosten durch das LG Köln mit Urteil vom 24.01.2013 (Az. 14 O 313/12) verurteilt worden.
Die Stieftochter des Beklagten hatte innerhalb eines sogenannten Filesharing-Systems zum Nachteil der von Rasch Rechtsanwälte vertretenen Klägerinnen Tonaufnahmen widerrechtlich öffentlich zugänglich gemacht und widerrechtlich vervielfältigt. Hierfür sah sich der Beklagte nicht in der Verantwortung. Er hatte seiner Stieftochter, die mit ihm und ihrer Mutter in einem Haushalt lebte, den Internetanschluss und den Rechner zur Verfügung gestellt. Unter der Berufung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes „Morpheus“ vom 15.11.2012 (Az. I ZR 74/11) und die Rechtsauffassung, dass ihn hinsichtlich seiner nicht leiblichen Stieftochter keinerlei gesetzliche oder vertragliche Aufsichtspflichten treffen, hatte der Beklagte die Abweisung der Klage beantragt. Nach seiner Auffassung bestünde auch kein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren, da es allgemein bekannt sei, dass die Film- und Musikindustrie ihre „Abmahnanwälte“ nicht entsprechend dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz honorieren würde. Zudem sei hier lediglich eine 0,3-Gebühr für ein Schreiben einfacher Art angemessen.
Dem folgte das Gericht nicht. Zwar greife eine Haftung gemäß § 832 Abs. 1 BGB im Verhältnis des Stiefelternteils zum Stiefkind nicht ein und es sei auch nicht von einer gegebenenfalls konkludenten vertraglichen Übernahme von Schutzpflichten gerade gegenüber den Klägerinnen auszugehen, da es jedenfalls an einer Angebotsannahme für derartige Schutzpflichten durch die Klägerinnen mangele. Allerdings hafte der Beklagte als Haushaltsvorstand gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. allgemein BGH, LM § 823 Nr. 3 = BeckRS 1953, 31197893, vgl. auch OLG Düsseldorf, VersR 1976, 133; anders OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 857: Haftung des Stiefelternteils gemäß § 832 Abs. 2 BGB). Der Beklagte habe gegen seine Pflichten als Haushaltsvorstand verstoßen, indem er es unterlassen hat, seine gleich einem gemeinsamen Kind im Haushalt mit seiner Ehefrau lebende minderjährige Stieftochter über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internet-Tauschbörsen zu belehren, als er ihr den Zugang zu einem in seinem Haushalt befindlichen internetfähigen Computer ermöglichte. Eine solche Belehrung wäre nach Ansicht des Gerichts aus Gründen der Rücksichtnahme auf die Interessen und die Rechtsgüter Dritter – der Rechteinhaber – geboten gewesen, da – wie der Kammer aus zahlreichen ähnlich gelagerten Verfahren bekannt ist – gerade bei Minderjährigen im Alter der Stieftochter des Beklagten Rechtsverletzungen durch die rechtswidrige Teilnahme an Internet –Tauschbörsen zu besorgen sind. Deshalb sprach das Gericht den Klägerinnen einen Lizenzschadenserstanspruch für 15 Tonaufnahmen in Höhe von insgesamt 3.000,00 € zu.
Weiterhin hafte der Beklagte nach Ansicht des Gerichts gemäß § 823 Abs. 1 BGB auch dem Grunde nach auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Der Ansatz einer 1.3-Geschäftsgebühr gemäß Ziff. 2300 VV RVG sei nicht zu beanstanden. Bei dem Abmahnscheiben handele es sich – wiederum im Hinblick auf die verschiedenen in Betracht kommenden Haftungsgrundlagen – nicht nur um ein Schreiben einfacher Art gemäß Ziff. 2301 RVG. Der Schadenersatzbemessung sei zu Grunde zu legen, dass die Klägerinnen ihren Anwälten das Honorar nach den Vergütungssätzen des RVG erstattet haben. Der Einwand, tatsächlich bestünde zwischen Klägerinnen und ihre Anwälten eine unwirksame Honorarvereinbarung, welche die dafür bestehende Voraussetzungen des § 4a RVG nicht erfüllte, sei unerheblich.
Von: Rechtsanwalt Knut Stenert
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