09.07.2015

OLG Stuttgart: Berufung der Daimler AG gegen SWR gescheitert

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart (Az.: 4 U 182/14) hat am 8.7.2015 in einer Presserechtssache entschieden, dass selbst rechtswidrig erlangtes Bildmaterial im konkreten Einzelfall gesendet werden darf. Dies ergebe sich aufgrund einer umfassenden Zweck/Mittelabwägung, basierend auf dem sog. Wallraff-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Urteil vom 25.1.1984 Az.: BvR 272/81).

Die Daimler AG war gegen den SWR vorgegangen, da der SWR einen Bericht ausgestrahlt hatte, dessen Filmaufnahmen ein Reporter heimlich im Werk der Daimler AG aufgenommen hatte. Die Daimler AG war bereits in 1. Instanz vor dem Landgericht Stuttgart gescheitert (LG Stuttgart Az.; 11 O 15/14). Das OLG Stuttgart wies nun die Berufung der Daimler AG zurück.

Mit der Verwendung von durch Täuschung erlangter und anschließend gegen den Getäuschten gerichteter Informationen ist ein nicht unerheblicher Eingriff in das Unternehmerpersönlichkeitsrecht und das Hausrecht gegeben. Bei einer derartigen Sachlage hat eine Veröffentlichung regelmäßig zu unterbleiben. Eine Ausnahme gilt nach dem Wallraff-Urteil des BVerfG nur, wenn die Bedeutung der Informationen für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung einseitig die Nachteile überwiegt, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und für die Rechtsordnung nach sich ziehen.

Die Voraussetzung eines die Ausstrahlung ausnahmsweise rechtfertigenden Missstands von erheblichem Gewicht sei hier gegeben, so das OLG Stuttgart. Das ergäbe sich aus dem Vorgehen der Daimler AG. Sie hatte zur Umgehung höherer Löhne für Stamm- oder Leiharbeitnehmer einzelne – einfache – Arbeitsschritte herausgebrochen, sie als „Werk“ definiert und per Werkvertrag an Dritte vergeben. Die vom Werkunternehmer eingesetzten Arbeitskräfte verdienten jedoch nicht einmal der Hälfte des üblichen Arbeitslohnes von Stamm- oder Leiharbeitnehmern, so dass diese in bestimmten Fällen sogar Anspruch auf Aufstockung nach SGB II hatten. Zumindest ein Teil der bei der Daimler AG vermiedenen Kosten wurden damit auf die Allgemeinheit abgewälzt.

Von: Rechtsanwalt Werner Jansen

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