LG Köln bejaht Haftung des Registrars für rechtswidrige Äußerungen
Neue Möglichkeit für Betroffene von falscher Berichterstattung: Der Registrar einer Domain haftet als Störer auf Unterlassung, wenn er nach einem konkreten Hinweis auf eine Rechtsverletzung nicht unverzüglich tätig wird und den Beitrag sperrt. Die Frage der Störerhaftung folgt dabei den Grundsätzen, die der BGH in seiner „Blog-Eintrag“-Entscheidung (Az. VI ZR 93/10) zur Haftung eines Host-Providers aufgestellt hat (LG Köln, Urteil vom 13.05.2014, Az. 28 O 11/15).
Problem: wer haftet für was? Wer ist erreichbar?
Immer häufiger sehen sich Personen oder Unternehmen, die durch Inhalte im Internet geschädigt werden, vor das Problem gestellt, den richtigen Gegner auszuwählen. Dies kann im Falle des Presserechts, Urheberrechts oder Markenrechts zutreffen.
Gerade bei rechtswidrigen Äußerungen ist der eigentliche Verfasser oft nicht erkennbar oder nicht greifbar. Dann stellt sich die Frage, ob und unter welchen Umständen Dritte haften, die an der Rechtsverletzung beteiligt sind. Rasch Rechtsanwälte haben bereits im Januar 2014 eine Entscheidung erstritten, die einen sog. Registrar zur Verantwortung zieht. Im dortigen Fall ging es um Urheberrechtsverletzungen, die über eine Domain begangen wurden, die der Registrar verwaltete.
Nun können sich Opfer von falschen Tatsachenbehauptungen auch direkt an den Registrar wenden. Das Landgericht (LG) Köln hat sich nun mit einem Sachverhalt befasst, in dem auf einer Webseite in einem Beitrag und einem Video wahrheitswidrige Aussagen zulasten der Antragstellerin gemacht wurden. Die Antragstellerin forderte den Registrar auf, die Entfernung der Inhalte zu veranlassen. Der Registrar leitete die Aufforderung an seinen Kunden weiter, der dem Registrar sinngemäß antwortete, die Behauptungen entsprächen der Wahrheit. Weiter veranlasste der Registrar nichts, was im Ergebnis zu seiner Haftung führte.
LG Köln: Registrar haftet wie Host-Provider
Das LG Köln ist in Anlehnung an die BGH-Rechtsprechung zur Haftung eines Blog-Hosters davon ausgegangen, dass Registrare grundsätzlich nicht verpflichtet sind, von Kunden in das Internet gestellte Beiträge auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Sobald der Registrar aber Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt, setzen Handlungspflichten ein. Im Fall einer offensichtlichen Markenrechts- oder Urheberrechtsverletzung kann der Registrar verpflichtet sein, den Inhalt sofort zu löschen. Anders ist es – wie hier – in Fällen von Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Da der Registrar nicht wissen kann, ob eine Behauptung wahr oder unwahr ist, muss er zunächst nur seinen Kunden zur Stellungnahme auffordern.
Dieser Pflicht ist der Registrar im vorliegenden Fall noch nachgekommen, versäumte es jedoch, das Ergebnis der Aufklärung dem Antragsteller zukommen zu lassen. Allein diese Pflichtverletzung führte zu seiner Haftung. Das LG Köln hat hierzu ausgeführt:
„Denn auch im Falle eines substantiierten Inabredestellens ist nämlich der Störer noch nicht aus der Verantwortung entlassen. Vielmehr obliegt es ihm nunmehr, den Betroffenen mit dieser Stellungnahme zu konfrontieren, ihm Gelegenheit zur Entgegnung zu geben und ggf. Nachweise für die behauptete Rechtsverletzung zu verlangen (BGH, Urt. v. 25.10.2011, a.a.O., Rn. 27). Erst bei Ausbleiben einer Entgegnung oder Verweigerung der Vorlage von Nachweisen "ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst". Die Antragsgegnerin zu 4 hat indes keine Stellungnahme der Antragstellerin zu der Darstellung des Verantwortlichen eingeholt oder die Vorlage von Nachweisen verlangt, sondern sich in diesem Stadium bereits als endgültig aus der Haftung entlassen angesehen und die Antragstellerin auf den direkten Kontakt mit dem Verantwortlichen verwiesen, so dass - mangels Erfüllung der Prüfpflichten des Störers entsprechend der Entscheidung des BGH vom 25.10.2011, s.o. - nunmehr der Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin zu 4 entstanden ist.“
Fazit
Das LG Köln schließt sich mit seiner Entscheidung der jüngeren Rechtsprechung des KG (Beschluss vom 10.07.2014, Az. 10 W 142/13) und des OLG Saarbrücken an, die beide eine Haftung des Registrars unter ähnlichen Voraussetzungen bejahten. Es stärkt damit weiter die Position verletzter Rechteinhaber, die sich nicht auf die Auseinandersetzung mit dem unmittelbaren Verletzer verweisen lassen müssen.
Von: Rechtsanwalt Mirko Brüß
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