12.06.2015

BGH: Rasch Rechtsanwälte gewinnen drei Revisionsverfahren

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute die Revisionen von drei Internet-Anschlussinhabern zurückgewiesen. Sie waren vom Oberlandesgericht Köln jeweils dazu verurteilt worden, an vier namhafte Tonträgerhersteller 200,00 Euro Schadensersatz je Musikaufnahme sowie Abmahnkostenersatz wegen illegalen Filesharings zu bezahlen. Die von der Kanzlei Rasch Rechtsanwälte für die führenden Plattenfirmen erstrittenen Urteile des Oberlandesgerichts Köln werden somit rechtskräftig.

Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Wie aus der Pressemitteilung des BGH hervorgeht, hat der BGH sämtliche Einwendungen der Beklagten in den Tauschbörsenverfahren verworfen (BGH, Urteile I ZR 19/14; I ZR 7/14 und I ZR 75/14 vom 11.06.2015 – Tauschbörse I bis III). So heißt es in der Pressemitteilung:


„Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Eintragung der Klägerinnen in die Phononet-Datenbank ein erhebliches Indiz für die Inhaberschaft der Tonträgerherstellerrechte ist und keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen sind, die diese Indizwirkung für die jeweils streitbefangenen Musiktitel entkräften.“  


Damit ist die Vorgehensweise von Rasch Rechtsanwälte und die bisherige gerichtliche Praxis höchstrichterlich bestätigt worden, dass der Nachweis der Rechteinhaberschaft anhand des zentralen Bestellkatalogs der Tonträgerhersteller Phononet geführt werden kann und nicht gegenüber jedem Rechtsverletzer, der die Aktivlegitimation ins Blaue hinein bestreitet, Verträge vorgelegt werden müssen.


Der BGH geht auch – wie zuvor schon das Landgericht und das OLG Köln – von der Zuverlässigkeit der Ermittlungen der proMedia Gesellschaft zum Schutze geistigen Eigentums mbH und der daraufhin erteilten Auskünfte des Internetproviders Deutsche Telekom AG aus. In der Vorinstanz zum Verfahren I ZR 75/14 hatte das OLG Köln einen Mitarbeiter der proMedia GmbH als Zeugen für die Ermittlungen gehört. In der Pressemitteilung heißt es insofern (ohne Differenzierung zwischen den verschiedenen Verfahren):


„Das Berufungsgericht ist außerdem zutreffend davon ausgegangen, aufgrund der von den Klägerinnen bewiesenen Richtigkeit der Ermittlungen von proMedia und des Internetproviders stehe fest, dass die Musiktitel über die den Beklagten als Anschlussinhabern zugeordneten Internetanschlüsse zum Herunterladen bereitgehalten worden sind. Die theoretische Möglichkeit, dass bei den Ermittlungen von proMedia und des Internetproviders auch Fehler vorkommen können, spricht nicht gegen die Beweiskraft der Ermittlungsergebnisse, wenn im Einzelfall keine konkreten Fehler dargelegt werden, die gegen deren Richtigkeit sprechen. Ein falscher Buchstabe bei der Namenswiedergabe in einer Auskunftstabelle reicht – wie in dem zum Geschäftszeichen I ZR 19/14 geführten Rechtsstreit eingewandt - insoweit nicht.“


Der BGH stärkt nun auch die Stellung der Rechteinhaber im Zivilprozess. In den Verfahren I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens, I ZR 169/12 – BearShare und I ZR 274/12 – Morpheus hat er erstmals ausgeführt, dass gegen einen Internet-Anschlussinhaber eine so genannte tatsächliche Vermutung besteht, dass er für über seinen Anschluss ermitteltes Filesharing selbst verantwortlich ist. Wie weit diese Vermutung reicht und wie ein Anschlussinhaber sich davon entlasten kann, ist in der Rechtsprechung seitdem hoch umstritten. Während einzelne Gerichte wie das Landgericht Köln zu Anfang davon ausgingen, man müsse „Ross und Reiter“ nennen und damit den Täter namhaft machen, gingen andere Gerichte in der Folge davon aus, es genüge zu behaupten, andere Familienmitglieder hätten generell die Möglichkeit gehabt, den Internetanschluss mit zu benutzen.


Bislang hat der BGH die Tätervermutung nur in Fällen als erschüttert angesehen, in denen eine konkrete Person als Täter benannt wurde (I ZR 169/12 und I ZR 274/12). Davon abgewichen ist er nur in einem Sonderfall, in dem der Anschlussinhaber unbestritten vorgetragen hatte, er sei zum Tatzeitpunkt im Urlaub gewesen, der PC habe sich in einem abgeschlossenen Büroraum befunden und sein WLAN sei unverschlüsselt (I ZR 121/08).


In dem Verfahren I ZR 75/14 sind vom BGH jetzt Ausführungen hierzu zu erwarten. In der Pressemeldung heißt es:


„In dem Rechtsstreit I ZR 75/14 ist das Vorbringen des Beklagten, er und seine Familie seien bereits am 18. Juni 2007 in den Urlaub gefahren und hätten vor Urlaubsantritt sämtliche technischen Geräte, insbesondere Router und Computer vom Stromnetz getrennt, durch die Vernehmung der beiden Söhne des Beklagten und seiner Ehefrau nicht bewiesen worden. Der Beklagte ist für die Verletzungshandlung auch als Täter verantwortlich. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, der Beklagte habe nicht dargelegt, dass andere Personen zum Tatzeitpunkt selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und deshalb als Täter der geltend gemachten Rechtsverletzungen in Betracht kommen. Damit greift die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Inhabers eines Internetanschlusses ein.“


Daraus wird deutlich, dass der BGH zur Erschütterung der Vermutung Ausführungen der jeweiligen Beklagten für erforderlich hält, wer zum konkreten Tatzeitpunkt (und nicht nur generell) den Internetanschluss nutzen konnte und deshalb als Täter in Frage kommt. Die Anforderungen an den Tatsachenvortrag der jeweiligen Beklagten sieht der BGH somit voraussichtlich strenger als derzeit viele Instanzgerichte. Wird dieser Tatsachenvortrag vom Rechteinhaber bestritten, muss der Anschlussinhaber die Anhaltspunkte für die Täterschaft einer anderen Person außerdem zur Überzeugung des Gerichts beweisen. Das entspricht der Rechtsprechung des BGH bei anderen „tatsächlichen Vermutungen“ im Zivilprozessrecht; das OLG Köln hatte das auch schon ausdrücklich für Filesharing-Fälle festgehalten (OLG Köln 6 U 109/13 – Walk This Way).


Schließlich hat sich der I. Zivilsenat auch zu der Haftung eines Internet-Anschlussinhabers für minderjährige Kinder geäußert. Er hat klargestellt, dass eine allgemeine Aufforderung „zu ordentlichem Verhalten“ nicht ausreicht. Eltern müssen Kinder vielmehr, wie der BGH schon im Verfahren I ZR 74/12 – Morpheus festgehalten hat, über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen ausdrücklich belehren und ihnen eine Teilnahme daran verbieten.


Der Höhe nach hat der BGH die Festsetzung der Unterlassungsstreitwerte bestätigt, auf deren Grundlage die Abmahnkosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) berechnet werden. Damit dürfte die Tendenz einiger Gerichte, die Streitwerte in derartigen Verfahren in einem Bereich festzusetzen, der der Bedeutung der verletzten Rechte an erfolgreichen Charts-Musikaufnahmen nicht gerecht wird, nicht der Rechtsprechung des I. Zivilsenats entsprechen.


Das OLG Köln hat den Schadensersatz, den ein Täter in einer Internet-Tauschbörse an den verletzten Rechteinhaber zahlen muss, nach der Methode der Lizenzanalogie rechtsfehlerfrei auf 200,00 Euro geschätzt. Die Angriffe der Revision gegen diese richterliche Schätzung hat der BGH nun zurückgewiesen. Damit gibt es in einem wichtigen Bereich des Urheberrechts nun Rechtssicherheit.

Das Team von Rasch Rechtsanwälte bedankt sich bei Prof. Dr. Rohnke für die gute Zusammenarbeit, der das Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof betreut hat.

Von: Rechtsanwalt Martin Bolm, Rechtsanwalt Clemens Rasch

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